Liquoruntersuchung
Bei jedem Verdacht auf Meningitis oder Meningoenzephalitis muss durch lumbale oder subokzipitale Punktion Liquor cerebrospinalis entnommen und schnellstmöglich untersucht werden. Die Liquordiagnostik kann auch bei unklaren neurologischen Störungen oder komatösen Zuständen erforderlich werden. Trüber, eitriger Liquor (polymorphkernige Leukozyten) ist typisch für die meisten bakteriellen Meningitiden. Leicht getrübter bis klarer Liquor (vorwiegend Lymphozyten) wird in der Regel bei TBC-, Borrelien-, Leptospiren-, Pilz- und Virusmeningitiden angetroffen.
Entnahme
Die Liquorentnahme muss unter streng aseptischen Kautelen erfolgen. Arzt und Assistenzpersonal sollten zur Vermeidung einer Tröpfchenkontamination eine OP-Schutzmaske tragen. Desinfektion der Punktionsstelle: Hautoberfläche mit 70%igem Ethanol oder Propanol desinfizieren. Die erforderliche Einwirkzeit von 1 Minute - oder orientierend, bis zur Trocknung des Alkohols - muss unbedingt eingehalten werden. Daran anschließend erfolgt eine zweite Desinfektion mit 70%igem Ethanol oder Propanol. Ohne die Punktionsstelle nochmals zu kontaminieren, punktieren und 5 - 10 ml Liquor entnehmen.
Versand
Bei sehr kurzer Transportzeit (1-2 Std.) kann Liquor nativ in sterilem Gefäß eingesandt werden. Bei längerem Transport die Hälfte der Probe - für Kultur - in eine vorgewärmte Blutkulturflasche injizieren (durch zuvor desinfizierten Stopfen); Flasche nicht belüften, nicht kühl stellen.
Die 2. Hälfte des Liquors - für Mikroskopie, Spezialkulturen und Hemmstofftest - nativ in sterilem Gefäß einsenden. Für die TBC-Diagnostik ist nur nativer Liquor (ohne Nährmedium) geeignet, Mindestmenge: 5 ml, für TBC-PCR zusätzlich 3 ml.
Es empfiehlt sich schon im Kliniklabor eine sofortige mikroskopische Untersuchung (Grampräparat); ggf. können das gefärbte Präparat sowie weitere, ungefärbte Präparate zur Nachbeurteilung mit eingesandt werden.
Untersuchungsauftrag
Erreger und Resistenz (E + R). Bei klarem bis nur leicht getrübtem Liquor (lymphozytär) und klinischem Verdacht auch Untersuchung auf TBC: Ziehl-Neelsen (ZN), Kultur (K), Resistenz (R); zusätzlich TBC-PCR und/oder Pilze; bei immunsupprimierten Patienten auch speziell auf Cryptococcus neoformans (einschl. Antigennachweis).
Bewertung
Physiologischerweise steril. "Steril"-Befunde sind nach 5 Tagen. Bebrütung (TBC-Kulturen erst nach bis zu12 Wochen!) und nur bei negativem Hemmstoffnachweis regulär bewertbar.
Jeder mikroskopische oder kulturelle Erregernachweis wird von uns sofort telefonisch mitgeteilt. Häufig gibt der mikroskopische Bakterienbefund schon eine therapeutisch nutzbare Vororientierung. Bei tuberkulöser Meningitis wird wegen der kleinen Erregerzahl mikroskopisch nur selten ein positiver Befund erhoben (teilweise jedoch mit der hochsensitiven TBC-PCR); bei dringendem TBC-Verdacht muss in jedem Fall die tuberkulostatische Therapie eingeleitet werden.
Häufige Erreger eitriger Meningitiden sind Meningokokken, Pneumokokken, Staphylokokken, Enterobakterien und, insbesondere bei Kindern, je nach dem Grad der Durchimpfung, auch noch Haemophilus influenzae. Neugeborene können durch Keime der mütterlichen Geburtswege (E. coli, Enterokokken, B-Streptokokken, Listerien, Mykoplasmen, Chlamydien) erkranken. Keime wie Pseudomonaden, Staphylococcus epidermidis oder Pilze, die sich bei Gesunden meist apathogen verhalten, kommen nur bei erheblicher Abwehrschwäche, bei liegender Drainage oder nach traumatischer Einschleppung als Erreger in Frage. In Zweifelsfällen ist eine Kontrolluntersuchung anzuraten.
Hinweis
Bei septischem Krankheitsbild sollten auch Blutkulturen, zur Primärherdsuche ggf. Eiter aus dem HNO-Bereich entnommen werden (Versand in Transportmedium, Untersuchung auf Erreger und Resistenz). Hirnabszesse sind häufig durch Anaerobier verursacht. Operativ entnommenes Eitermaterial muss deshalb im Transportmedium oder in Blutkulturflaschen möglichst rasch ins Labor gelangen.
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